Jetzt bin ich dran – Egoismus oder Selbstverantwortung?

Jetzt bin ich dran
Thema | Egoismus oder Selbstverantwortung?
Marion Lange-Hoppe
Egoismus heißt, nur an sich selbst zu denken, nur aus eigenem Interesse heraus zu handeln und dabei – falls nötig – auch in Kauf zu nehmen, wenn Entscheidungen oder Handlungen anderen schaden.
Ich glaube, dass schon jetzt jedem klar ist, dass es darum in diesem Artikel ganz sicher nicht gehen wird. Sondern es geht für Euch, liebe Frauen, um Selbstverantwortung und Selbstliebe.
Ich glaube, dass fast jede Frau, die eine Familie hat, den Haushalt schmeißt und vielleicht auch noch berufstätig ist, einen Spagat hinlegt. Was in solchen Fällen meistens auf der Strecke bleibt, das ist das Frausein.
Wie ist unsere Prioritätenliste aufgebaut?
Wie sieht das Leben einer Frau und Mutter oft aus?
► Sie kommt beim Essen immer als letzte an den Tisch.
► Bevor sie ins Bett geht, ordnet sie noch alles für den nächsten Tag.
► Im Schwimmbad kommt sie zuletzt aus den nassen Sachen.
► Morgens steht sie meistens als Erste auf, um für den Tag alles vorzubereiten.
► Sie verkneift sich den Toilettengang, um noch schnell was zu erledigen.
► Sie weiß, wo alles liegt.
► Sie kümmert sich, verzichtet auf Schlaf, wenn die Kinder Zähnchen bekommen.
► Sie hat ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht allem gerecht wird.
Wir Frauen kommen meistens zum Schluss. Unsere Bedürfnisse haben weniger Priorität.
„Niemand ist vollkommen: Glück heißt,
seine Grenzen kennen und sie lieben.“
(Romain Rolland)
Wir reden uns ein, dass wir glücklich sind, wenn alle anderen um uns herum glücklich sind. Ist das wirklich so? Meistens kümmern wir uns freiwillig. Selten ist das bei Männern so. Wo ist da der Haken?
Warum setzen sich viele ans Ende
ihrer Prioritätenliste?
Die Gründe hierfür liegen oft in der Kindheit begründet. Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Eine Variante ist, dass die Mutter in der Kindheit ihren eigenen Bedürfnissen gefrönt hat. Sie hat sich um sich selbst gekümmert und weniger um die Kinder und den Haushalt. Frauen, die das erlebt haben, wollen, im Ausnahmefall, genau das Gegenteil in ihr Leben integrieren. Sie wollen ihr Leben nach dem ausrichten, was sie selbst nicht hatten.
Die weit größere Anzahl von Frauen ahmen es ihren Müttern nach. Sie haben den Anspruch, allen gerecht zu werden. Sie setzen sich sehr hohe Maßstäbe. Das Haus muss immer blinken, die Kinder müssen gut versorgt sein, die Wäsche gewaschen, das Essen gekocht, für den Mann gesorgt und ihr Job erstklassig erfüllt sein.
Uns wurde oft vorgelebt, dass die Frau sich um alles kümmert. Sie organisiert Geburtstage, lädt Freunde, Bekannte und Familien ein. Wir Frauen sind soziale Wesen und fühlen uns für alles zuständig. Wir bringen auch noch das nötige Organisationstalent mit oder entwickeln es oft auch aus der Not heraus.
Uns um andere kümmern und ihnen unsere Zeit schenken, ist eine Initiative, die von Herzen kommt. Doch wenn diese Situation zur Routine wird, beeinträchtigt uns das auf emotionaler Ebene.
Wir bleiben auf der Strecke und mit der Zeit können wir uns auch leer fühlen.
„Deine erste Pflicht ist,
Dich selbst glücklich zu machen.
Bist Du glücklich,
so machst Du auch andere glücklich.“
(Ludwig Feuerbach)
Lösung: Frage Dich bitte, wie Du Deine Mutter erlebt hast. Hat sie gut für sich gesorgt, hat sie ihre eigenen Bedürfnisse befriedigt? Welche Bedürfnisse hatte sie? Hat sie spielerisch und voller Freude ihre Arbeiten erledigt, war sie ausgeglichen? Wie sah Deine Mutter aus, hat sie sich Zeit genommen für ein schönes Outfit, Frisur und Kosmetik? Hast Du sie erlebt, wie sie im Sessel sitzt, gute Musik hört, ein Buch liest, sich mit Freundinnen trifft, bummeln geht und Cafés besucht? Wie ging es Dir als Kind in diesem Zusammenhang?
Das Leben ist jetzt
In meinem ersten Business, das mich jetzt seit 29 Jahren begleitet, habe ich es überwiegend mit Managern zu tun. Die meisten Manager lassen in ihrem Leben eins außer Acht: Sie denken kaum darüber nach, dass ihr Leben endlich ist. Viele leben unbewusst in den Tag. Es geht um Erfolg, Ergebnisse, Rendite und Marktanteile. Vielleicht noch um Image und Prestige.
Und sehr vielen Frauen geht es auch so. Da geht es vielleicht um andere Themen als bei den Managern. Aber auch hier denken die Frauen zu wenig bewusst darüber nach, dass ihre Zeit auf dieser Erde begrenzt ist. Keiner von uns weiß, ob es in zwei Stunden, zwei Tagen oder Wochen oder in zwanzig oder vierzig Jahren vorbei ist. Keiner weiß es und doch leben viele Menschen völlig unbewusst in den Tag.
Viele Menschen Leben ein Leben auf Autopilot.
Täglich grüßt das Murmeltier. Viele wachen erst auf, wenn sie am Abgrund stehen. Oder sie haben sich an Umstände gewöhnt, die sie gar nicht haben wollen. Dann kommen einschränkende Glaubenssätze ins Spiel, wie:
► So ist das Leben eben.
► Wenn man Kinder hat, dann muss man nun mal zurückstecken.
► Das Leben ist kein Ponyhof.
► Später, wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann...
► Wenn das Haus abbezahlt ist, dann...
► Man kann halt nicht alles haben.
► Später ist immernoch Zeit.
► Als Mutter hat man Verpflichtungen.
Ich war durch einen Burn-out über zwölf Monate lahmgelegt. Als Mutter von zwei Töchtern, fast immer berufstätig, weiß ich, wovon ich schreibe. Und ich weiß auch, dass es anders funktioniert.
Ich war durch einen Burn-out über zwölf Monate lahmgelegt. Als Mutter von zwei Töchtern, fast immer berufstätig, weiß ich, wovon ich schreibe. Und ich weiß auch, dass es anders funktioniert.
Wir können unser Leben in allen Facetten ausrichten und leben, ohne dass einer zu kurz kommt. Das hat etwas mit einer bewussten Entscheidung, mit einem Umdenken und einer veränderten inneren Haltung zu tun.
Die wichtigste Frage, die sich Menschen stellen sollten, ist: „Lebe ich das Leben, das ich leben möchte?“ Hand aufs Herz ... ist es genau das, was ich jetzt lebe?
Wer, wenn nicht Du selbst?
Das Interessante, das ich in meinen Coachings immer wieder wahrnehme, ist, dass die meisten Frauen wenig für sich sorgen. Sie gönnen sich kaum Zeit für sich selbst. Sie erfüllen ihre eigenen Bedürfnisse nicht, stellen die Bedürfnisse anderer in den Vordergrund. Im Umkehrschluss erwarten sie dann aber vom Partner, vom Chef, von den Kindern, dass sie Anerkennung bekommen. Sie wollen einfach nur wahrgenommen werden, oder möchten für getanes Werk Wertschätzung erfahren. Wenn das dann nicht so zurückkommt, dann macht sie das traurig und unzufrieden. Manchmal auch wütend.
Jetzt frage ich Dich: Wie kann das funktionieren? Wir erwarten oder wünschen uns von anderen etwas, das wir uns selbst nicht gönnen oder geben. Wir wünschen uns mehr Wertschätzung, mehr Zuneigung, mehr Anerkennung, vielleicht auch mehr Liebe. Wann geben wir uns das selbst? Wie lieben und wertschätzen wir uns denn?
Um darauf eine Antwort zu finden, brauchen wir keine Psychologen oder Gurus sein. Für mich ist das eine ganz logische Schlussfolgerung.
Wenn ich es mir selbst nicht wert bin, mich zu lieben, mich um mich selbst zu kümmern, wie kann ich dann erwarten, dass es andere tun? Das kann nicht funktionieren.
„Wenn man sich selbst zu einem
niedrigen Preis verkauft,
wird niemand anderes
diesen Preis erhöhen.“
(Verfasser unbekannt)
Selbstverantwortung heißt, dass ich selbst verantwortlich für mein Tun bin. Ich übernehme bewusst Verantwortung für meinen Körper, für meine Seele und meinen Geist. Die Betonung liegt hier auf BEWUSST. Manche Frauen spüren ihre eigenen Bedürfnisse nicht einmal. Wie können sie da Verantwortung für sich selbst übernehmen? Das bedeutet, dass ich mich in erster Linie mit mir selbst beschäftigen müsste.
Lösung: Ein Date mit Dir selbst. Hier kann Dich auch ein Coach oder ein Lebensberater unterstützen. Du kannst es aber auch erst einmal selbst probieren, Deinen Bedürfnissen und Wünschen auf die Schliche zu kommen.
Frage Dich: Was sind meine Wünsche, vielleicht auch geheimen Wünsche? Was würde ich gerne einmal machen? Wie viel Zeit möchte ich für mich haben? Wie möchte ich sein? Wie möchte ich aussehen? Womit möchte ich mich beschäftigen? Wohin möchte ich mich entwickeln?
Es gilt, wie in einem Flugzeug zu handeln. Da werden wir auch aufgefordert, die Sauerstoffmaske zuerst uns anzulegen. Wenn wir zuerst unsere Familie mit Sauerstoff versorgen würden, dann wären wir platt und könnten gar keinen Nutzen bringen. Dieses Beispiel trifft es sehr gut.
Ich kann mir vorstellen, dass Dir das ungewohnt vorkommt, dass Du Dich erst einmal gut versorgen solltest. So ist es aber.
Nur, wenn Du in Saft und Kraft stehst, wenn es Dir so richtig gut geht, dann bist Du eine ausgeglichene, lustige und faire Mama. Dann bist Du eine hingebungsvolle Geliebte und eine entspannte Ehefrau.
Kein Kind und kein Ehemann will eine ausgelaugte, nervöse, abgespannte, erschöpfte, nicht aufs Äußere achtende Mutter und Ehefrau. Daran denken viele Frauen nicht. So einige merken zu spät, dass der Ehemann das Interesse verliert und die Kinder sich distanzieren.
Veränderungen
sind möglich!
Und jetzt sage ich Dir was. Unzufriedenheit ist wie Unkraut in einem Garten. Sie springt von einem Lebensbereich auf den anderen. Wenn Du in der Firma zu viel Stress und Druck hast, oder Du grundsätzlich auf Reserve läufst, dann springt das auf Deine Partnerschaft, die Beziehung zu Deinen Kindern und zuletzt auf Deine Gesundheit über.
Die meisten Veränderungen funktionieren dann, wenn der Leidensdruck groß genug ist. Das bestätigen mir meine Klientinnen. Wie sie weinend auf dem Sofa sitzen, weil ihnen alles über den Kopf wächst. Wie sie von ihren Männern nicht mehr so wirklich wahrgenommen werden, keine Komplimente mehr ohne Aufforderung bekommen oder wie sie wie Bruder und Schwester nebeneinander her leben. Manchmal werden sie ungerecht zu ihren Kindern. Zwischendurch machen sich dann auch der Körper oder die Seele bemerkbar. Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen bis hin zu anfänglichen Depressionen werden mir geschildert.
Wenn der Schmerz groß genug ist, dann überlegen einige Frauen, dass sich etwas ändern muss.
Einige Klientinnen schildern mir, dass sich ihr Wesen durch den permanenten Druck, durch das Kümmern, um jeden und alles, verändert hat. Sie stellen fest, dass sie so, wie sie jetzt sind, auf keinen Fall sein wollen. Manche Klientinnen erzählen, dass ihr Gesichtsausdruck hart wirkt, dass sie ihre Leichtigkeit und ihre Weiblichkeit verloren haben.
So weit muss es aber nicht kommen. Ich sage meinen Klientinnen immer: „Betreibt Prävention“ und trefft JETZT eine Entscheidung!
Lösungen für die Kurskorrektur
Schritt 1 Nehme die Situation an, wie sie ist. Schau genau hin. Wie geht es Dir im Moment?
Schritt 2 Schluss mit Schönreden. Gestehe Dir Deine Situation ein und übernehme selbst die Verantwortung dafür, etwas zu verändern.
Schritt 3 Setze Dir Ziele. Überlege Dir genau, was Du NICHT mehr willst und was Du stattdessen in Dein Leben lassen möchtest.
Schritt 4 Triff eine bewusste Entscheidung. Was ist Dein erster Schritt? Entscheide Dich JETZT.
Schritt 5 Gehe los! Veränderung hat drei Buchstaben: TUN!
Schritt 6 Sprich mit Deiner Familie, Deinen Freunden und Deinem Arbeitgeber über Deine Veränderung, über das, was jetzt anders wird. Sprich mit all denjenigen, die mit Deiner neuen Ausrichtung etwas zu tun haben werden. Vermeide Interpretationen, Vermutungen und falsche Schlussfolgerungen. Informiere sie über Deinen Plan.
Schritt 7 Und jetzt denke darüber nach, was Dich von Deiner neuen Ausrichtung, von Deinem Plan, von Deinen Zielen abhalten könnte.
Schritt 8 Wie wirst Du damit umgehen? Was kannst Du genau tun, um Dich nicht ablenken zu lassen und fokussiert zu bleiben? Wer kann Dich dabei unterstützen?
„Sich selbst zu lieben ist der
Beginn einer lebenslangen Romanze.“
(Oscar Wilde)
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